History Tales. Fakt und Fiktion im Historienbild

History Tales. Fakt und Fiktion im Historienbild geht der Darstellung von Geschichte in Bezug auf Identität und Nation nach. Wie stellen sich Aufstieg und Fall von Zivilisationen dar, wie wird die Hybris des Menschen allegorisiert? Und welche medialen Transformationen durchlaufen die Darstellungen von Mythen, Held_innen/Herrscher_innen und einschneidenden historischen Ereignissen seit dem 19. Jahrhundert bis heute mit der Erfindung von Fotografie und Film?

Das Historienbild wird in der Ausstellung mit Blick auf die historischen Sammlungen der Akademie – Gemäldegalerie, Kupferstichkabinett, Glyptothek – sowie auf prominente Leihgaben aus Museen einerseits und Werke zeitgenössischer Künstler_innen andererseits untersucht. Dabei wird das Vermögen dieser Bildgattung und ihrer massenmedialen Abwandlungen, zwischen Fakt und Fiktion zu changieren und Historizität selbst zum Bildgegenstand zu machen, aus heutiger Perspektive betrachtet.

Die Ausstellung gestaltet sich als Parcours durch die Jahrhunderte und nimmt ihren Ausgangspunkt in der Vorstellung vom Goldenen und Eisernen Zeitalter. Sie führt über mythische Darstellungen der Figur der Jungfrau im Dienste des nation-building bis zu Held_innen und Herrscher_innen, denen Anti-Held_innen und Parodien im Medium der Pressegrafik des 19. Jahrhunderts gegenübergestellt werden. Die Französische Revolution samt ihren Nachwirkungen wird neben der Wiener Akademie mit ihren Exponenten Füger und Nachfolge, die das Historienbild heroischer Prägung um 1800 nochmals aufleben ließen, beleuchtet. Aber auch Naturkatastrophen wie Vulkanausbrüche und ihre Rezeption am Ende des 18. Jahrhunderts zählen zur Historie. Das Genre der Schlachtendarstellung und deren eher fiktive als faktische „Ereignismalerei“ vom 16. bis ins 21. Jahrhundert wird ebenso thematisiert wie die literarische, intermediale Bearbeitung von Holocaust, Zweitem Weltkrieg oder den Kriegen im Libanon und Afghanistan. Dabei stellt sich die Frage nach Faktizität und Authentizität der Fotografie sowie den ästhetischen und ideologischen Anforderungen, die im 19. Jahrhundert an das neue Medium der Wirklichkeitsdarstellung herangetragen wurden. Schließlich mündet die Ausstellung im „Inferno“ des Boschraums mit seinen Darstellungen des Jüngsten Gerichts, Dantes Göttlicher Komödie und dem Herz der Finsternis von Joseph Conrad.

Wenn allerorts von „Zeitenwende“ die Rede ist und neue Nationalismen und Kriege ein europäisches und internationales politisches Gefüge zu zerreißen drohen, gilt es, das Geschichtsverständnis in Bildnissen zu be- und hinterfragen und gleichzeitig zu analysieren, wie Mythen und historische Ereignisse immer auch Interpretationen unterliegen, die von der Zeit bestimmt sind, in der sie „re-visited“ werden. History Tales erzählt von diesen Revisionsbewegungen in der Interpretation von Historienbildern, durch die Bilder der Vergangenheit zu verklausulierten Kommentaren der Gegenwart werden können.


Künstler_innen / Schriftsteller_innen / Filmemacher_innen / Forscher_innen/ Illustrator_innen (Auswahl):

Josef Abel, Lawrence Alma-Tadema, Jan Asselijn, Hieronymus Bosch, Sébastien Bourdon (zugeschrieben), Jacques Callot, Antonio Calza, Wilhelm Camphausen, Daniel Chodowiecki, Hendrick van Cleve, Jacques Courtois, Lucas Cranach d. Ä., Henri Durand-Brager, Eduard von Engerth, Jean-Honoré Fragonard, Heinrich Friedrich Füger, Peter Johann Nepomuk Geiger, Artemisia Gentileschi (zugeschrieben), Luca Giordano, Pietro Graziani, Jakob Philipp Hackert, Sir William Hamilton, Theophil von Hansen, Karel du Jardin, Joseph Anton Koch, Johann Peter Krafft, Johann Baptist von Lampi d. Ä., Filippo Lauri, Charles-Nicolas Lemercier, Herman van Lin, Philippe Jacques de Loutherbourg, Fritz L'Allemand, Nicolaes Maes, Hans Makart, Édouard Manet, Hubert Maurer, Adolph Menzel, Martin von Molitor, Petros Moraites, Felix Alexander Oppenheim, Max Raphael, Johann Elias Ridinger, Hubert Robert, Salvator Rosa, Peter Paul Rubens, Johann Martin Schmidt gen. Kremser Schmidt, Ludwig Ferdinand Schnorr von Carolsfeld, Johann Nepomuk Schödlberger, Moritz von Schwind, Francesco Solimena, Theodoor van Thulden, Giovanni Battista Tiepolo, Tiziano Vecellio gen. Tizian, Paul Troger, Charles André Vanloo, Paolo Veronese, Jacques Antoine Volaire, Johann Wittmer, Philips Wouwerman, Michael Wutky 

Gipsabgüsse nach antiken und klassizistischen Vorbildern, historische Fotografien und Pressegrafik 

Zeitgenössische Positionen u.a. von Eleanor Antin, John Berger, Hannes Boeck, Marcel Broodthaers, Anne Carson, Danica Dakić, Harun Farocki, Omer Fast, Cyprien Gaillard, Ulrike Grossarth, Alexander Kluge, John Murphy, W. G. Sebald, Megan Francis Sullivan, Ana Torfs, Akram Zaatari 

Kuratiert von Sabine Folie 

Der Katalog zur Ausstellung mit Beiträgen von Maha El Hissy, Sabine Folie, Eva Kernbauer, Claudia Koch, Alexander Roob, René Schober, Bernd Stiegler, Gudrun Swoboda u. a., ist im Shop der Gemäldegalerie erhältlich oder kann unter kunstsammlungen@akbild.ac.at bestellt werden.
 
Ausstellungsdauer
27.9.2023–26.5.2024

Ort 
Gemäldegalerie der Akademie
der bildenden Künste Wien,
Schillerplatz 3, OG1, 1010 Wien 

Öffnungszeiten 
täglich außer Montag 
10–18 h

T +43 1 588 16 2201 
F +43 1 588 16 2299 
kunstsammlungen@akbild.ac.at 




Überblicksführungen jeweils Sonntag, 10.30 h
Lektionen / Lessons
Die Vortragsreihe zur Ausstellung


Weitere Informationen und Pressemitteilung >

Ausstellungsbooklet >